Ich fühlte mich wieder wie mit 18 Jahren als wir voller Euphorie im Sommer nach Zermatt zum Skifahren fuhren. Man fühlt sich spezielle wenn man Ende Sommer schon auf den Skier steht. Es liegt eine gewisse Spannung in der Luft. Wir tun etwas, dass eigentlich nicht so normal ist. Man entfliegt quasi dem Alltag und wieder findet sich in einer atemberaubenden Wintergegend beim durchpflügen des ersten Pulverschnees.
Dies war bereits Ende Oktober, seither hat es ja schon etwas mehr Schnee gegeben und wir kommen unserer Lieblingssaison immer näher. Eigentlich definiert Arnaud Cottet Skifahren als „Zeit mit seinen Freunden“. So fanden wir uns wieder, eine Gruppe von wild zusammen gemischten Skifahrern aus der ganzen Welt. Torin Yater-Wallace, Elisabeth Gerritzen, Callum Pettit und Arnaud Cottet zusammen mit Managern, Fotografen und Funktionären der Marke Giro. Ihre Aufgabe war es Bilder für den Katalog zu produzieren. Alle haben wir gefragt, was denn eigentlich Skifahren für sie sei um ein wenig mehr heraus zu finden, wer die Menschen sind, welche sich hier in Zermatt trafen.
Torin bekam gerade eine Lebenslektion von Elisabeth beim Bier trinken in einem Pub in Zermatt. Sie kommentierte ob er denn wirklich so eingebildet sei, ein Foto von sich selbst als Bildschirm Hintergrund auf dem Smartphone zu haben. Dieser sichtlich schockiert, wechselte das sofort und führte eine Geschichte aus, nach der er fast gestorben sei als er auf dem Gipfel des Berges ankam von welchem das Foto stammte.
Torin flog gerade aus Neuseeland in die Schweiz, geht dann weiter in die Staaten zum trainieren für die Saison. Er hat sich auch gerade ein Haus gekauft, möchte vor allem bei den Halfpipe Wettkämpfen Weltweit vorne dabei sein und nebenbei so viel wie möglich filmen. Skifahren ist für ihn „The most fun thing in me life“. Skifahren ist für ihn nicht nur ein Job. Das Shooting hier in Zermatt ist zwar am ähnlichsten wie ein Job, es bleibt trotzdem sehr spassig und er geniesst auch die vielen Reisen, obwohl dies manchmal viel werden kann.
„Ich könnte nicht wie andere, das ganze Jahr Skifahren, sondern muss auch mal anderes machen im Sommer, zum Beispiel ins Fitness oder Skateboarden.“ Meint Torin auf die Frage was er denn so mache neben Skifahren. Er geniesst den Sommer, damit er sich vom Winter erholen kann und wieder voll motiviert in die Saison startet. Er möchte nicht einfach nur der Beste im Halfpipe Skifahren oder in den Filmen sein. Er möchte der Beste Allrounder werden, weil er es mag verschiedene Sachen zu tun. Die beeindruckendsten Athleten sind für ihn die, welche bei Wettkämpfen ganz oben stehen, aber auch wirklich gute Video-Parts haben. Es sei sehr viel befriedigender einen Videopart zu schauen, als einen Wettkampf zu gewinnen.
Wie bleibt man heutzutage als Skifahrer eigentlich up to date?
„Ich denke alle nutzen heute Instagram. Ich möchte gar nicht immer alles wissen, da es eine sehr kleine Szene ist. Ich möchte nur die coolen Sachen sehen.“
Sehr wichtig scheint mir auch Snapchat, vor allem im Privaten?
„Ich habe die App, nutze sie aber nur mit Freunden. Ich möchte nicht öffentlich bloggen. Einige Athleten bloggen öffentlich, das mag ich auch zum anschauen, man sieht gerne was die Athleten so machen tagein tagaus. Sonst sieht man ja immer nur die Skibrille und Facemask, aber keine Gesichter. Ich bin darin ja auch schuldig, möchte private Sachen von Leuten sehen, veröffentliche selber aber möglichst nichts. Ich möchte nicht mein ganzes Leben mit allen teilen. Meine Fans einfach happy machen, und das Private trennen. Trotz allem möchte ich sehen was andere zum Frühstück essen. Das tönt jetzt irgendwie ein wenig scheinheilig.“
Auch Arnaud und Elisabeth gaben uns Antwort, was es denn heisse ein Profi Skifahrer zu sein und was das Skifahren für sie ausmache. Sie kamen zum Schluss, dass es beiden noch fehlt wirkliche Profis zu sein. Dazu müsse man vom Skifahren leben können meinte Elisabeth – um sich wirklich Profi nennen zu können. Das heisst, sie beide leben zwar ein Stück weit von ihrem Skifahren, halt leider nur nicht das ganze Jahr über. Das heisst sie sind Profis auf Zeit.
Heute sind sie beide Modelle und nicht wirklich Skifahrer. Sie posieren für Helme und Skibrillen. Eigentlich nicht so ihre Lieblingsbeschäftigung ausser für Arnaud, er findet sich schön genug posieren zu dürfen.
Was denkt ihr ist der Unterschied zwischen Wettkämpfen und eigenen (Film-) Projekten?
Elisabeth: Es ist komplett unterschiedlich, beim Film geht es um Ästhetik. Es ist nicht kompetitiv und es wird nicht nach Wertung gesucht.
Arnaud: Bei Wettkämpfen musst du dich den Richtlinien des Wettkampfes unterwerfen, bei eigenen Projekten, setzt du dir eigene Richtlinien.
Elisabeth: Eigene Projekt sind wie die Freiheit.
Arnaud: Beim Freeriden ist es schwierig die Wettkampfkriterien zu definieren. Es hat eigentlich nichts mit „Free“ zu tun. Beim Freestyle ist es sogar noch strikter, aber auch einfacher zu definieren. Bei Wettkämpfen geht es darum, dass die Leute dem Sport folgen können und Sichtbarkeit erzeugt wird. Daher ist es eine gute Sache. Wenn du selber Filmprojekte machen möchtest braucht es sehr viel mehr Engagement, da immer ein Filmer dabei sein muss, etc. Das ist als einzelner Athlet schwieriger auf die Beine zu stellen.
Elisabeth: Die beiden Seiten lassen sich sehr gut verbinden, die Leute auf der Freeride World Tour haben immer auch ein eigenes Projekt neben den Wettkämpfen.
Was sind eure Projekte diesen Winter?
Arnaud: Ich werde eine kleine Tour um die Welt im Flugzeug machen und zwar als Kampfrichter an Freestyle Wettkämpfen. Daneben werden wir unser Projekt „We Ride In Iran“ weiter führen. Dann eventuell noch mit Black Crows ein kleines Projekt, vielleicht im Iran.
Elisabeth: Ich fahre auf der Freeride World Tour mit, das wird bereits einiges an Zeit in Anspruch nehmen. Ich werde aber sicher auch sonst viel Skifahren.
Arnaud: Ich möchte vor allem auch hier Skifahren. Die Waadtländer Alpen, im Wallis etc. Das fehlte mir die letzten Jahre.
Wie bereitet ihr euch denn auf eure Saison vor?
Arnaud: Alsoooo – ich gehe Wandern.
Elisabeth: Nur das?
Arnaud: Ja hast du schon meinen Bauch gesehen? (lacht) Sonst hacke ich Holz und mache Gemüseanbau.
Elisabeth: Ich habe einen Sport-Coach mit welchem ich Übungen fürs Skifahren mache.
Arnaud: Ich mache auch noch Yoga.
Elisabeth: Stimmt das mache ich auch noch, auf meinen Stand-Up Paddle. (lacht)
Arnaud: Ich habe auch eine Frage an dich Elisabeth. Siehst du dich als Rollenmodel/Ikone einer Frau, welche erfolgreich und aktiv Sport betreibt?
Elisabeth: Überhaupt nicht. Ich sehe mich überhaupt nicht in dieser Rolle und ich möchte sie auch gar nicht wahrnehmen. Ich denk auch, dass nicht viele Leute sich in mir wiedersehen können.
Arnaud: Ich denke aber für viele Leute bist du inspirierend, nicht? Du hast deine Kariere im Skifahren und studierst nebenbei.
Elisabeth: Ja inspirierend vielleicht. Aber sicher nicht eine Ikone.
Arnaud: Ist das nicht was die Marken aber auch von dir verlangen?
Elisabeth: Ich mache zum Beispiel noch mein Studium und das ist nicht immer zu meinem Vorteil. Ich hatte auch schon Marken, die gefragt haben, wieso ich denn noch studiere, ob ich nicht alles aufs Skifahren setzen möchte. Siehst du, dass ist genau was ich meine, dass würde ich nie machen und habe mir nicht mal die Frage dazu gestellt.
Arnaud: Das heisst das Skifahren ist für dich etwas Nebensächliches im Leben mit welchen du Sachen erreichst, die aber nicht das Zentralste sind?
Elisabeth: Für mich ist die Uni nicht wichtiger als das Skifahren und das Skifahren nicht wichtiger als die Uni. Das ist wirklich auf gleicher Stufe. Ich möchte beides fördern und auch die Möglichkeiten offen lassen, falls ich mich zum Beispiel mal verletze. Es gibt auch noch mehr im Leben welches ich gerne machen würde und nicht nur Skifahren. Dafür nehme ich gerne etwas mehr Aufwand in Kauf.
Arnaud: Scheisst dich das an? Weil beim Skifahren sprechen wir immer etwas vom Gleichen.
Elisabeth: Ja ein bisschen.
Was macht ihr um „up to date“ in der Skiwelt zu bleiben? Folgt ihr der Skiwelt, interessiert euch das?
Elisabeth: Die Szene an sich nicht so sehr, aber einigen einzelnen Personen folge ich schon ja.
Arnaud: Ich denke die Skiwelt ist das gleiche wie jede andere Szene. Zum Beispiel Querflöte, da interessierst du dich für einige Personen und die bringen dich dann irgendwo hin und du entdeckst neue Sachen. Das Skifahren ist einfach ein Ausgangspunkt, aber du gehst viel weiter als das. Ich schaue mir nie Skifilme an zum Beispiel. Also nicht mehr.
Elisabeth: Ich schon, trotzdem.
Arnaud: Es geht.
Elisabeth zu Arnaud: Das ist weil du das Gefühl hast schon alles gesehen zu haben.
Arnaud: Zum Beispiel ein Film den wir in Alaska gemacht haben, reicht mir einmal an zu schauen, aber „Salam Azizam“ zum Beispiel könnte ich mir 20 mal anschauen.
Aber Skifahren ist cool! Das ist mein letztes Wort!
Elisabeth: Und du willst von dem Blödsinn was wir sprachen einen Artikel machen?
Danke euch beiden, ja darüber möchte ich einen Artikel machen.
Hier nun die beiden Filme zum einen über Skifahren im Iran und über Skifahren in Alaska mit und von Arnaud Cottet.
Zu guter Letzt sprachen wir noch mit Callum Pettit welcher ebenfalls in Zermatt verweilte und dem Team half ihr bestes zu zeigen.
Ich mache gerade eine kleine Tour durch Europa.
Um was machst du auf dieser Tour?
Ich will mich selber finden. Ich weiss nicht genau wer ich bin. Und da ich gerade in Europa bin, werde ich auch nach Chamonix fahren um mich mit meinem Ski Sponsor zu treffen. Dann eventuell noch Barcelona zum Skateboarden und Stadt anschauen.
Was machst du neben dem Skifahren?
Skateboarden und Sachen anschauen. (lacht.) Versuchen möglichst viel Spass zu haben. Da wo ich lebe in British Columbia gibt es viel zu tun im Sommer. Mountainbike, Surfen etc.
Inwiefern ist Skifahren ein Beruf für dich?
Es ist meine einzige Profession. Daher auch sehr wichtig für mich. Aber im Sommer habe ich viel freie Zeit.
Fährst du auch für dich Ski?
Ja sicher, ich fahre viel für mich.
Was sind deine Projekte?
Filme. Die letzten 9 Jahre habe ich Filme gedreht, eigentlich seitdem ich aus der High School raus bin. Ich versuche diesen Schwung möglichst lange zu behalten.
Inwiefern sind deine Projekte anders als Wettkampfskifahren?
Ich finde es sehr viel lohnender und weniger stressig. Du machst es für dich selbst und musst nicht gegen jemand anderen antreten. Du bist nur gegen dich selber, musst dich selber motivieren. Sachen zu tun, die du normalerweise nicht tun würdest. In Wettkämpfen möchtest du gewinnen und tust dumme Sachen bei denen du dich verletzen kannst. Ich hatte auch schon ein par Misserfolge beim Wettkampf.
Was sind deine Pläne für die nächste Saison?
Dem Pulverschnee hinter her, möglichst viel Schneetöff fahren. Ich würde sehr gerne nach Japan, ich war noch nie dort zum Skifahren. Ich würde auch gerne mehr kleine Projekte und Videos für meine Sponsoren machen. Ich muss noch rausfinden was genau ich machen werde.
Aber am besten ist es einfach draussen zu sein mit seinen Freunden. Und ich glaube mich gefunden zu haben beim Anblick des Matterhorns.